von Sven Jäger, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Grundsätzlich können Rechte und Pflichten der einzelnen Gesellschafter verbindlich im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Dieses Recht ist Ausfluss der im Zivilrecht vorherrschenden Privatautonomie, das bestimmt, dass es den Parteien eines Vertragsverhältnisses selbst überlassen ist, welche Regelungen und in welchem Umfang sie gelten sollen. Der Grundsatz der Privatautonomie gilt uneingeschränkt auch im Gesellschaftsrecht.
Welche Rechte und welche Pflichten ein Gesellschafter hat, ist abhängig vom zugrunde liegenden Gesellschaftsverhältnis.
1. Rechte und Pflichten der BGB-Gesellschafter
Der Gesetzgeber hat bestimmt Rechte und Pflichten der Gesellschafter verbindlich geregelt. Diese Rechte der Gesellschafter sind grundsätzlich nicht übertragbar. Diese Mitgliedschaft in einer Gesellschaft nach § 717 Abs. 1 BGB bildet eine Einheit, von der einzelne Befugnisse nicht abgetrennt werden können (Abspaltungsverbot).
a. Beitragspflicht
Der BGB-Gesellschafter ist zur Leitung seiner Gesellschaftsbeiträge verpflichtet. Beiträge sind hierbei Leistungen, die die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag versprechen, um den Gesellschaftszweck zu fördern.
b. Treuepflicht
Der BGB-Gesellschafter hat gegenüber seiner Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern eine so genannte Treuepflicht. Die Treuepflicht besteht deshalb, weil ein Gesellschaftsrechtverhältnis eine stärkere persönliche Bindung erfordert als bei einfachen Schuldverhältnissen. Diese Treuepflicht der Gesellschafter besteht nicht nur im Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft, sondern auch im Verhältnis der einzelnen Mitgesellschaftern untereinander. Die einzelnen Treuepflichten ist von der konkreten Ausgestaltung des einzelnen Gesellschaftsverhältnisses anhängig.
c. Pflicht zur Geschäftsführung
Der geschäftsführende Gesellschafter hat das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung. Als Geschäftsführung wird gemeinhin die auf die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit für die Gesellschaft verstanden.
Die Regeln der Geschäftsführung bestimmen, ob einzelne Gesellschafter im Verhältnis zu Dritten (Außenverhältnis) wirksam Rechtsgeschäfte für und gegen die Gesellschaft tätigen kann.
Grundlagengeschäfte, d.h. Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere deren Zusammensetzung und Organisation betreffen, werde hingegen nicht von der Geschäftsführungspflicht umfasst .
Grundsätzlich stehen allen Gesellschaftern die Geschäftsführungsbefugnisse gemeinschaftlich zu (§ 709 BGB). Abweichende Regelungen sind jedoch wirksam und somit möglich. So kann die Geschäftsführung allen Gesellschaftern zustehen, die Geschäftsführungsbefugnis einem Gesellschafter alleine Übertragen werden (Alleingeschäftsführungsbefugnis) oder die Geschäftsführung nach Aufgabenbereichen aufgeteilt werden.
d. Beteiligung an Gewinn und Verlust
Die Gesellschafter sind an den Gewinnen und den Verlusten der Gesellschaft beteiligt. Die Beteiligung an Gewinn und Verlust richtet sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag. Sofern der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen hierzu enthält, gelten §§ 721, 722 BGB, wonach die Gesellschafter im Zweifel zu gleichen Anteilen am Gewinn und Verlust beteiligt werden sollen. Der BGH hat darüber hinaus entschieden, dass sich die Verteilung des Gewinns und Verlusts auch mittels ergänzender Vertragsauslegung aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben kann. Entscheidend ist der Einzelfall.
2. Sonderregeln für OHG und KG
Die gesetzlichen Regelungen der Personengesellschaften bauen auf einander auf und werden durch spezielle Regelungen für die einzelne Personengesellschaft ergänzt. Aus diesem Grund bestehen spezielle Pflichten nur für Gesellschafter einer bestimmten Gesellschaftsform.
a. Wettbewerbsverbot (§ 112 HGB)
Als Konkretisierung der allgemeinen Treuepflicht der Gesellschafter hat der Gesetzgeber in § 112 HGB ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter einer OHG/KG geschaffen. Dieses Wettbewerbsverbot gilt nur für die persönlich haftenden Gesellschafter. Nach § 165 HGB besteht das gesetzliche Wettbewerbsverbot nicht für einen Kommanditisten .
Bei Verletzung des Wettbewerbsverbot kann die Gesellschaft vom verletzenden Gesellschafter Schadensersatz fordern oder hat ein Eintrittsrecht in das verbotswidrig abgeschlossene Geschäft (§ 113 HGB).
PRAXISTIPP
Das Wettbewerbsverbot endet mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ergibt sich nicht aus einer nachvertraglichen Treuepflicht, sondern kann sich nur durch eine Vereinbarung ergeben. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter zuvor gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat und dadurch seinen Ausschluss aus der Gesellschaft provoziert hat.
Auf jeden Fall muss im Gesellschaftsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schriftlich! fixiert werden - sofern gewünscht - welches allen Anforderungen an ein Wettbewerbsverbot gerecht wird.
b. Pflicht zur Geschäftsführung
Bei den Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) muss zwischen der gewöhnlichen und der ungewöhnlichen Geschäftsführungsaufgaben unterschieden werden.
aa. gewöhnliche Geschäftsführungsausgaben
Gewöhnliche Geschäftsführungsaufgaben in einer Gesellschaft sind alle Handlungen, die nach der Verkehrsanschauung der gewöhnliche Betrieb gerade dieser Gesellschaft mit sich bringt (§ 116 Abs. 1 HGB).
Für die gewöhnliche Geschäftsführungsaufgaben besteht nach §§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1 HGB Alleingeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter, d. h. jeder ist alleine zum Handeln berechtigt. Jeder Gesellschafter hat allerdings ein Widerspruchsrecht, mit der Folge, dass die Vornahme der beabsichtigten Handlung unterbleiben muss, wodurch allerdings die Vertretungsmacht im Außenverhältnis nicht beschränkt wird. D. h. die widersprochene Handlung ist im Außenverhältnis wirksam, der gegen den Widerspruch verstoßenden Gesellschaft macht sich im Innenverhältnis jedoch gegebenenfalls schadensersatzpflichtig.
bb. unbewöhliche Geschäftsführungsaufgaben
Ungewöhnliche Geschäftsführungsaufgaben sind alle Gesellschaftsangelegenheiten, die über den Rahmen des Unternehmens der konkreten Gesellschaft hinausgehen (§ 116 Abs. 2 HGB).
Die Vornahme von ungewöhnlichen Geschäftsführungsaufgaben müssen alle Gesellschafter beschließen. Ein Mehrheitsbeschluss genügt nicht.
cc. der Kommanditist
Auch bei einer KG wird zwischen gewöhnlichen und ungewöhnlichen Geschäftsführungsaufgaben unterschieden (§ 161 Abs. 2 HGB). Besonderheiten gelten hier allerdings für den Kommanditisten. Da nach § 164 HGB der Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, steht ihm bei gewöhnlichen Geschäftsführungsaufgaben auch kein Widerspruchsrecht zu. Demgegenüber ist bei ungewöhnlichen Geschäftsführungsaufgaben nach § 116 Abs. 2 HGB ein Beschluss aller Gesellschafter erforderlich, so dass auch ein Kommanditist an der Beschlussfassung zu beteiligen ist.
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