Verkehrsunfall

RECHTSINFOS

Verkehrsunfall - Ansprüche und richtiges Verhalten des Geschädigten

von Sven Jäger, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

 


Die aktive Teilnahme am Straßenverkehr birgt heutzutage angesichts ansteigender Verkehrsdichte zunehmend das Risiko in sich, auch unverschuldet in ein Unfallereignis verwickelt zu werden. Um so mehr ist es für den Geschädigten von erheblicher Bedeutung, über das richtige Verhalten nach dem Unfall und über die ihm zur Verfügung stehenden Ansprüche informiert zu sein.


Die nachfolgende Zusammenstellung grundlegender Hinweise soll eine erste Orientierungshilfe ermöglichen, ohne selbstverständlich den Anspruch der Vollständigkeit erheben zu können bzw. zu beabsichtigen.


Erstes Verhalten an der Unfallstelle

Sichern Sie nach einem Verkehrsunfall unbedingt die Unfallstelle. Gegebenenfalls sind erste Hilfsmaßnahmen für Verletzte, eventuell unter Hinzuziehung Dritter veranlasst.


Verlassen Sie keinesfalls den Unfallort, da Sie andernfalls eine strafrechtliche Verfolgung wegen Fahrerflucht und so empfindliche Strafen riskieren. Sind keine weiteren Unfallbeteiligte anwesend, sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich bei der Polizei zu melden.


Polizei rufen?

Bei Unfällen mit erheblichem Sachschaden, Personenschaden, eigener Mietwagennutzung, fehlender Unfallzeugen oder Beteiligung im Ausland zugelassener Fahrzeuge rufen Sie die Polizei.


Sollte Ihnen die Polizei einen Schuldvorwurf machen, haben Sie das Recht, jegliche Angaben zum Unfallhergang zu verweigern. Dies kann Ihnen unter keinen Umständen zum Nachteil ausgelegt werden;


Grundsätzlich raten wir dazu keine Angaben zum Unfallereignis unmittelbar nach der Kollision zu machen. Es ist aufgrund einer gewissen Schocksituation nicht auszuschließen, dass Angaben gemacht werden, die sich im Nachhinein als nicht gegeben darstellen.


Schuldanerkenntnis

Geben Sie auf keinen Fall(!) am Unfallort - weder mündlich noch schriftlich - Ihre Schuld zu. Sie gefährden ihre Ansprüche und daneben Ihren Versicherungsschutz.


Beweise sichern!

Haben Zeugen den Unfall beobachtet lassen Sie sich den Namen und die Anschrift geben. Fotografieren Sie die Unfallstelle. Markieren Sie die Endstellung der Fahrzeuge. Dokumentieren Sie - wenn möglich mittels Lichtbild - die entstandenen Schäden. Vertrauen Sie nicht auf eventuelle Schuldbeteuerungen des Unfallgegners.


Notieren Sie die die Kennzeichen der Beteiligten Fahrzeuge - wenn möglich auch der Fahrzeuge der Personen, die den Unfall beobachtet haben können.


Diese Beweissicherungsmaßnahmen empfehlen sich auch im Falle anschließender polizeilicher Aufnahme des Unfalls.


Personalien austauschen!

Notieren Sie sich die wichtigsten Daten der Unfallbeteiligten (Name, Anschrift, Fahrzeughalter, Fahrer, Versicherung, Versicherungsnummer und amtliches Kennzeichen der Fahrzeuge). Zu diesen Angaben sind alle Unfallbeteiligten gesetzlich verpflichtet.


Ist am Unfall ein französischer Verkehrsteilnehmer beteiligt, wird zusätzlich noch das Fabrikat des gegnerischen Fahrzeugs und die Farbe benötigt.


Sachverständigengutachen

Zur Ermittlung des Sachschadens - Totalschaden/Reparaturschaden - bedarf es eines Sachverständigengutachtens. Bei der Wahl eines Sachverständigen sind sie völlig frei, Sie sind nicht verpflichtet, einen auf Seiten der gegnerischen Versicherung stehenden Sachverständigen zu akzeptieren.


Die Gutachterkosten muss die gegnerische Versicherung gemäß der Verursachungsquote zahlen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn es sich um einen Bagatellschaden unter ca. EUR 600,00 handelt. In einem solchen Fall ist ein Kostenvoranschlag Ihrer Fachwerkstatt ausreichend, Sachverständigenkosten werden - auch bei 100%-iger Haftung der Gegenseite - in einem derartigen Bagatellfall in der Regel nur zur Hälfte erstattet.


Falls Sie Ihr Fahrzeug nicht reparieren lassen wollen, dient das Sachverständigengutachten der Berechnung des fiktiven Schadens. Bei Abrechnung auf Gutachterbasis werden allerdings nur die Netto-Reparaturkosten erstattet, da mangels Reparatur die Umsatzsteuer nicht anfällt. Bei Totalschäden ist darauf zu achten, dass die gegnerische Versicherung keine unzulässigen Abzüge von dem gutachterlich ermittelten Wiederbeschaffungswert vornimmt. Dies geschieht in der Praxis noch allzu oft.


Reparaturschaden

Als Geschädigter haben Sie selbstverständlich das Recht, auch im Hinblick auf die durchzuführende Reparatur die entsprechende Fachwerkstatt Ihres Vertrauens bzw. das für Sie in Frage kommende Autohaus mit der Durchführung der Reparatur zu beauftragen, wobei auch Kosten für den Transport des beschädigten Fahrzeugs dorthin - soweit in der näheren Umgebung - von der gegnerischen Versicherung zu erstatten sind.


Die gegnerische Versicherung kann von Ihnen nicht verlangen, dass die Reparatur nur in einer bestimmten Werkstatt ausgeführt wird.


Totalschaden

Übersteigen laut Gutachten die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert (Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall) spricht man von einem wirtschaftlichen Totalschaden. Sie können in einem solchen Fall Ihr Fahrzeug gleichwohl reparieren lassen, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht um mehr als 30% übersteigen. Lassen Sie Ihr Fahrzeug nicht reparieren, haben Sie einen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes Ihres Fahrzeugs, wobei nur unter ganz engen Voraussetzungen die gegnerische Versicherung berechtigt ist, bei der Regulierung Abzüge von dem ermittelten Wiederbeschaffungswert vorzunehmen. Die Kostenerstattung für An- und Abmeldung für das neue bzw. verunfallte Fahrzeug ist u.a. Bestandteil des dem Geschädigten zustehenden Anspruchspaketes.


Mietwagen

Ist Ihr Fahrzeug so beschädigt worden, dass es nicht mehr fahrbereit bzw. nicht mehr als verkehrssicher zu bewerten ist, haben Sie bei vorliegender Nutzungsfähigkeit und bestehendem Nutzungswillen einen Anspruch auf einen Mietwagen (Ausnahme: extrem geringer Fahrbedarf). Sie können das Mietfahrzeug nach dem Unfall im Falle eines Reparaturschadens grundsätzlich bis zum Abschluss der Reparatur nutzen, vorausgesetzt, die Reparatur schließt sich unmittelbar an den Unfall bzw. an die Begutachtung durch den Sachverständigen an. Wer die Reparatur an seinem Fahrzeug nicht von einer Fachwerkstatt durchführen lässt, sondern anderweitig veranlasst, hat gleichwohl im Hinblick auf die Erstattung angefallener Mietwagenkosten die Dauer der Reparatur in geeigneter Form der gegnerischen Versicherung nachzuweisen. Bei Vorliegen eines Totalschadens wird in der Regel gemäß Sachverständigengutachten die Beschaffungsdauer für ein Ersatzfahrzeug mit 14 Tagen veranschlagt. Maximal für diesen Zeitraum kann eine Mietwagennutzung beansprucht werden, eine Verlängerung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.


Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts

Der Unfallgegner, der den Unfall verursacht hat, somit auch die gegnerische Versicherung, muss neben Ersatz des entstandenen Sach- und Personenschadens, auch die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Darlegung und Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten in vollem Umfang übernehmen. Dies gilt unabhängig von der Höhe des eingetretenen Schadens.


Insbesondere auch in den Fällen, in denen der Geschädigte keinen Haftungsanteil hinsichtlich des Unfallhergangs zu tragen hat, empfiehlt sich die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht nur bei Personenschäden (Schmerzensgeldbezifferung, wie hoch?), sondern gerade auch im Hinblick auf die Regulierung des Sachschadens. Frühzeitige Beratung vermeidet vermeidbare Fehler auf Seiten des Geschädigten im Umgang mit der Kostenentwicklung, zum anderen werden von den Versicherern regelmäßig Abzüge vorgenommen, dies u.a. mit dem pauschalen Hinweis, der Geschädigte sei zwar nicht schuld am Unfall selbst, er habe jedoch gegen seine ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, die Kosten seien daher nicht bzw. nicht in vollem Umfang zu erstatten.


Schließlich übersieht der Geschädigte oftmals die eine oder andere ihm rechtlich zustehende Anspruchsposition völlig. Anwaltliche Beratung dient dem Zweck, dies zu vermeiden.


Kontakt zu der eigenen Versicherung!

Ihrer eigenen Versicherung müssen Sie den Unfall melden, auch wenn Sie der Ansicht sind, Sie seien nicht schuld. Andernfalls gefährden Sie Ihren Versicherungsschutz.


Kontakt zu der gegnerischen Versicherung

Vermeiden Sie jeden Kontakt mit der Versicherung des Unfallgegners soweit Sie sich entschlossen haben, zunächst anwaltliche Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen, wozu an dieser Stelle in Ihrem eigenen Interesse dringend geraten wird (gerade auch in den sog. einfach gelagerten Fällen, s.o.). Die gegnerischen Versicherer gehen zunehmend dazu über, sich unverzüglich nach dem Unfall mit dem Geschädigten überwiegend auch telefonisch in Verbindung zu setzen, um ihn über seine angeblichen Ansprüche "aufzuklären". Lassen Sie sich auf ein Gespräch mit der gegnerischen Versicherung und auf deren diverse Angebote ein, riskieren Sie u.U. ganz erheblichen Rechtsverlust! Sie haben das Recht, bei einem derartigen Kontaktversuch der Gegenseite schlicht auf Ihre beabsichtigte oder bereits erfolgte Wahrnehmung anwaltlicher Beratung zu verweisen und das Gespräch schnell zu beenden. Durchschauen Sie die wahren Interessen der Versicherer: wenig zahlen - um jeden Preis!


Haftungsquote

Hat der Geschädigte den Unfall zum Teil mitverursacht wird eine Haftungsquote gebildet. Der Unfallgegner bzw. die gegnerische Versicherung hat dann im Hinblick auf sämtliche Schadenspositionen des Geschädigten lediglich gemäß der Haftungsquote des Unfallgegners einzustehen.


Soweit eine Kaskoversicherung auf Seiten Geschädigten besteht, ist allerdings zu beachten, dass diese nicht für sämtliche eingetretenen Schadenspositionen eintreten muss, die Rechte des Geschädigten gestalten sich daher zum Teil erheblich abweichend von der obigen Darstellung im Haftpflichtfall.


Aus diesem Grund ist es von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für den Geschädigten, soweit auch nur teilweise ein Haftungsanteil auf der Seite des Unfallgegners zu erkennen ist, nicht allein die eigene Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, sondern im Übrigen daneben auch verbleibende Ansprüche zumindest anteilig gegenüber der Versicherung des Unfallgegners geltend zu machen.


Zusammenfassung

Mit der vorliegenden Darstellung sind Ihnen einige Tipps an die Hand gegeben, falls sich für Sie die typische Gefahr realisiert hat, die immer droht, wenn man aktiv am Straßenverkehr teilnimmt. Bei der richtigen Verhaltensweise wird es Ihnen gelingen, Ihren erlittenen Unfallschaden vollumfänglich zu regulieren ohne finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.


Wir wünschen Ihnen allzeit gute Fahrt !

Gutenbergstraße 14

76532 Baden-Baden


Tel: +49 7221 18 59 764

Fax: +49 7221 18 59 765

HINWEIS:

Die Informationen dieser Internetseiten wurden von Rechtsanwalt Sven Jäger erstellt, um über seine Tätigkeit zu informieren. Es handelt sich hierbei um keine Rechtsberatung. Durch die Nutzung dieser Internetseiten entsteht kein Mandatsverhältnis. Alle Rechtsinformationen sind ohne Gewähr!